6. November 2016

Was bisher geschah

Brexit, Grexit, Flüchtlinge, Willkommenskultur, Panama-Papers, Je suis Charlie, Bataclan, Nizza,  München, Aleppo, Nurcia, Erdogan, Trumpification, Guccification, Burkini am Strand, Blatter und Roussef, AfP und FPÖ, EM und Olympiade, Null-Zins-Runde, David Bowie und Prince, Russland und die Ukraine, Obama in Kuba, Chanel in Kuba, Pokémons auf der ganzen Welt …

Die Zeit fliegt. Manche Ereignisse bleiben ein fliegendes Stichwort und manche verändern die Welt tiefgreifend.

Und ich, mittendrin, ein Elementarteilchen dieser Welt, hin und her gerissen zwischen „left brain“ und „right brain“, law und fashion, deutscher Disziplin und mediterraner Lässigkeit, zwischen männlichem Pragmatismus und weiblicher Verträumtheit, kindlichem Geist und Erwachsensein, balkanischem Feuer und nordischer Schwermut, Dries Van Noten-scher Opulenz und Jil Sander‘sche Schlichtheit, ja manchmal zwischen Gut und Böse.

Odete vs. Odile, Fotos von Blerta Kambo

Odete vs. Odile, Fotos von Blerta Kambo

Ich habe gewiss keine weltbewegenden Ereignisse zu berichten und schon gar nicht vor, die Welt tiefgreifend zu verändern. Diese seien den Kardashians dieser Welt überlassen … Es ist nur ein Versuch, in diesem gigantischen elektronischen Tagebuch namens WordPress mit der Welt meine Gedanken über Leben und Stil, Geschichte und Kultur, Kunst und Reisen, Mann und Frau, Heimat und Fremde und meinen Blick für das Schöne zu teilen.

Jede kennt wahrscheinlich diese Serien, bei denen zu Beginn einer Folge dem Zuschauer ins Gedächtnis gerufen wird, was bisher geschah, auch wenn die letzte Folge gerade einmal eine Woche zurückliegt. Nun wurde dieser Blog im Juni drei Jahre alt und die Jahre 2015-2016 habe ich mich mit Beiträgen etwas rar gemacht. Es wird also höchste Zeit, einen kleinen Rückblick über die letzten zwei Jahre zu geben.

In diesem Sinne hier ein Was-bisher-geschah-Rückblick in Bildern. 

Das Jahr 2015 begann so

und endete so

Ja, das zweite Foto wurde am 25. Dezember 2015 in Deutschland und nicht irgendwo in südlichen Breiten gemacht. Da soll einer behaupten, die globale Klima-Erwärmung gäbe es nicht. Wie Recht doch der Beinahe-Präsident von Amerika Al Gore einst mit seinen “unbequemen Wahrheiten” hatte. Nun bin ich aber voller Zuversicht, nach der Unterzeichnung des Klima-Abkommens in Paris am 12. Dezember 2015 durch alle 195 Teilnehmerstaaten im kommenden Frühsommer, keine Schneefotos machen zu müssen. Die vielen schlaflosen Nächte der Teilnehmer müssen sich doch irgendwie gelohnt haben.

Mitte Februar 2015 schloss ich meine Europa-Reise-Pentalogie (eine Serie mit fünf Teilen) Amsterdam – Parma – Florenz – Lyon mit Paris ab. Kein Konto eines Normalverdieners und schon gar nicht eines Life-Style-Opfers wie mich kann solche Touren in die Mode- und Feinkost-Mekkas schlechthin innerhalb kürzester Zeit unbeschadet überstehen. Konto-Schonung war somit mal wieder angesagt!
Von Reisen und fernen Ländern kann man schließlich auch träumen. Bei der Premiere des Balletts “Aschenputtel” in dem neubarocken Hessischen Staatstheater in Wiesbaden ließ es sich z. B. wunderbar davon träumen, wie man in der Opera Garnier de Paris im schwarz-weißen Chanel-trifft-Yves Saint Laurent-Outfit die Danseur Etoile bewundern könnte.

Träumen von einem Chanel-trifft-YSL-Outfit in einem Organza-Smokinghemd von Jason Wu und ener Smokinghose von Viktor & Rolf for H&M

Träumen von einem Chanel-trifft-YSL-Outfit in einem Organza-Smokinghemd von Jason Wu und einer Smokinghose von Viktor & Rolf for H&M

Und sich im März mitten in der Frankfurter Innenstadt in Doktor Schiwago Film-Posen zu versuchen, schaffte es sogar, einen Hauch Alt-Hollywood-Nostalgie in den öden, noch winterlichen Alltag zu zaubern. Die Krawalle der Globalisierungsgegner mit der Polizei anlässlich der Eröffnung des neuen EZB-Gebäudes lieferten die nötige Filmkulisse …

Frankfurt, März 2015

Frankfurt, März 2015

Sehr bald gewann jedoch mein mediterranes ICH gegen die deutsche Stimme in mir. Es ist ja allgemein bekannt, dass die Bildung von finanziellen Rücklagen für die Altersvorsorge bereits im Jugendalter des deutschen Bürgers Lieblingssport ist ;-). „Aber was soll’s!“, flüsterte mir meine innere mediterrane Stimme. – „Wozu dieses bedruckte Papier namens Geld, wenn die EZB doch eh für historisch niedrige Zinsen sorgt. Man lebt doch im Hier und Jetzt! Also auf nach Albanien, auf nach Italien.“

Als im Mai jedermann die unzähligen Feier- und Brückentage für verlängerte Wochenendreisen nutzte, entschied ich mich – wie wohl häufig gegen den Mainstream – sesshaft zu werden und auch Frankfurt einmal eine Chance zu geben. Denn, wenn man genau hinschaut, bietet unser Mainhattan jede Menge interessante Locations.

Ich schien wohl damit ein Trendsetter zu sein, denn einen Monat später gab sogar ihre Majestät, die Königin Elisabeth II., Frankfurt eine Chance, besuchte uns hier für immerhin einen halben Tag und wirkte dabei sichtlich “amused”.
Im Juni 2015 versammelten sich auch die sieben mächtigsten Staatsführer dieser Welt auf Schloss Elmau in Bayern und diskutierten die Sorgen unserer Welt. Und dann bescherte uns der Juni auch noch mehrere, für Deutschland ungewöhnliche hochsommerliche Tage. So viele Gründe zum Feiern …

Hey Ms DJane - Frankfurt, Juni 2015

Hey Ms DJane – Frankfurt, Juni 2015

Im Juli stand auf einmal alles im Zeichen des Balkans. Das griechische Volk lehnte die Reformvorschläge der EU und IWF in einem Referendum ab, Deutschland schwitzte bei mediterranen 38 Grad und brauchte somit keinen Urlaub mehr in Griechenland zu machen, die Bundeskanzlerin Merkel besuchte Albanien, Bosnien und Serbien. Ich nahm kurzentschlossen einen Flug über Nacht in die Heimat, um bei der Deutsch-Albanischen Wirtschaftskonferenz das historische Ereignis des ersten Besuchs eines deutschen Bundeskanzlers/ der Bundeskanzlerin Merkel live in Tirana zu erleben. So autofrei und hochgesichert habe ich die Straßen meiner Heimatstadt zum letzten Mal in meiner Kindheit erlebt, als an jedem 1. Mai die alljährliche Parade zum Tag der Arbeit vor dem versammelten Polit-Büro stattfand.
Von der Segeltour auf der Elbe schnell mal zur Wirtschaftskonferenz nach Tirana geflogen und anschließend zwei Tage an der albanischen Riviera: So ähnlich stelle ich mir ein Jet-Set-Leben vor. Ehrlich gesagt, zu anstrengend 😉

Hamburg, Juli 2015

Hamburg, Juli 2015

Die wunderschöne Bucht Jal an der Albanischen Riviera, Juli 2015

Die wunderschöne Bucht Jal an der Albanischen Riviera, Juli 2015

Was macht eine Löwin im August? Richtig! Das, was sie am besten kann: Majestätisch „brüllen“, sich ins Szene setzen und ihres Löwinnen-Daseins frönen 🙂 So zumindest die Beschreibung des Löwe-Sternzeichens, wenn man denn der Astrologie Glauben schenken darf.

Dann kam der September! Der Volkswagen-Skandal zog im Herbst 2015 wie ein Gewitter über Deutschland und erschütterte das unantastbare Heiligtum der deutschen Wirtschaft, die Auto-Industrie. Ich flüchtete nach Kalabrien und verließ mich lieber auf den guten alten Fiat Cinquecento.

Als im Oktober vorigen Jahres zunächst Raf Simons überraschend als Kreativ-Direktor von Dior zurücktrat und wenige Tage darauf Alber Elbaz das Haus Lanvin verließ, fiel ich in eine herbstliche Fashion-Seelentief und zog mich zurück. Ich brauchte etwas Zeit, um damit zurecht zu kommen, dass die Zukunft der Mode an gelben DHL-T-Shirts und Regenjacken mit dem Aufdruck „Polizei“ von Vetements liegen könnte. Ihr wisst schon, diese kleinen unverzichtbaren dramatischen Wendungen einer romantischen Komödie alla „Shopaholic“, die zwangsläufig mit einem überraschenden Happy End enden müssen, wie zum Beispiel mit dem unglaublich günstigen Kauf von einem Paar Charlotte Olympia-Schuhen oder mit der unerwarteten Einladung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu einem Berlin Fashion Week-Event in Berlin. So was nennt man anders auch First-World-Problems. Davon haben wir in der westlichen Welt unzählige!!!

Als würde ich bereits im Herbst 2015 vorahnen, das Theresa May mit ihren Leo-Schuhen bald Trends setzen würde. Schuhe von Charlotte Olympia, Bluse von  Marni for H&M, Etro-Hose

Als würde ich bereits im Herbst 2015 vorahnen, das Theresa May mit ihren Leo-Schuhen bald Trends setzen würde. Schuhe von Charlotte Olympia, Bluse von Marni for H&M, Etro-Hose

Berlin (Mitte), 20. Januar 2016,  Pause mit den Rauchern vor dem Atrium der FAZ-Redaktion während des FAZ-Fashion Week Empfangs (Gucci-Clutch, Fendi-Pumps, Marni-Rock)

Berlin (Mitte), 20. Januar 2016, Pause mit den Rauchern vor dem Atrium der FAZ-Redaktion während des FAZ-Fashion Week Empfangs (Gucci-Clutch, Fendi-Pumps, Marni-Rock)

Und so vergeht die Zeit. Dem Herbst folgte der milde Winter und die herbstlichen Frühling/Sommer 2016 (Wo bleiben die Wirkungen des Klima-Abkommens?), Bouchra Jarrar folgte Alber Elbaz, Maria Grazia Chiuri ersetzte Raf Simons, Theresa May kam nach David Cameron, Amerika scheint bereit für ihre erste Präsidentin (Wer braucht schon die Frauenquote!), Yoox fusionierte mit Net-a-porter, Bob Dylan gewann den Nobelpreis für Literatur (Wo ist er eigentlich?), die Niedrigzinsen verführen mich nach wie vor zu Investitionen in Schuh-„Aktien“ in Mailand und Florenz, Paris und London (Warum sollten wir die Beflügelung der Verbraucherstimmung in Europa den Chinesen überlassen?).

Die Zeit vergeht und in zwei Monaten ist das Jahr 2016 zu Ende.
Die perfekte Welt wäre wie eine romantische Komödie mit dem obligatorischen Happy End: Wir würden Weihnachten und Chanukka, Ostern und Ramadan friedlich miteinander feiern, Theresa May, Angela Merkel, Hillary Clinton und Christine Lagarde sich abends nach einer Friedens-Konferenz bei einem Cosmopolitan gelassen über den (Leo-)Schuh-Tick von Ms. May und die Hosenanzüge von Frau Merkel unterhalten und Karl Lagerfeld würde die nächste Chanel-Fashionshow vor dem Triumphbogen in Nordkoreas Pjöngjang inszenieren.

Wir leben gewiss nicht in einer perfekten Welt. Es gibt Kriege und Leiden, Diktaturen und Armut, Selbstzweifel und Unmut, schlechte Tage und enttäuschte Liebe. Aber wir dürfen nicht aufhören, von einer besseren Welt zu träumen, Tag für Tag aufzustehen, uns den Herausforderungen des Lebens zu stellen und zu versuchen, dieser Welt etwas Gutes von uns zu geben, sei es auch ein Lächeln an unseren Nächsten.

P.S.: Besser hätte Marc Cherry den finalen Monolog von Brenda am Ende jeder Folge von „Desperate Housewives“ nicht schreiben können, nicht wahr?

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